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Arbeitsmarkt für Informatiker boomt

 

Nach einer kurzen Schwächephase im Bereich der Informationstechnologien (IT) beeilt sich der Arbeitsmarkt für Informatiker offenbar, rasch wieder an die gewohnten Boomzeiten anzuknüpfen, so jedenfalls der Tenor einer Reihe von Artikeln, die kürzlich in der Presse erschienen sind.

 

In einem Artikel in der Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 2.8.97, in dem Sigmar Gleiser von der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung, Frankfurt, über eine Auswertung der Stellenangebote für Fach- und Führungskräfte in Printmedien des 1. Halbjahres 1997 berichtet, wird die Boomphase der Informatik besonders deutlich. Danach ergibt sich für Fach- und Führungskräfte in der DV Beratungs- und Softwarebranche mit 15.000 Angeboten das größte Stellenpotential; das sind 48% mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Branchenübergreifend wurden insgesamt 21.000 Stellenangebote für Informatiker und DV-Spezialisten gezählt, das sind 18% des gesamten analysierten Angebotes für Fach- und Führungskräfte. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es noch 14.000 Angebote. Im Juni alleine meldeten die deutschen Arbeitsämter 1033 offene Stellen für Informatiker mit Hochschulabschluß. Hinzu kommt noch eine große Zahl an Stellenausschreibungen außerhalb der Arbeitsverwaltung. Ebenfalls gut geht es mit 16% Zuwachs den Wirtschaftswissenschaften mit 12.560 Stellenangeboten im ersten Halbjahr.

Auch der Stellenmarkt für Naturwissenschaftler hat deutlich zugelegt, wobei hier jedoch die geringe Ausgangsbasis zu berücksichtigen ist. Deutliche Verbesserungen konnten auch die Ingenieure in den klassischen Bereichen Elektrotechnik und Maschinenbau mit +17% verbuchen. Derzeit ist aber – rein rechnerisch – allein der Arbeitsmarkt für Informatiker und der für Wirtschaftswissenschaftler, insbesondere Betriebswirte, in der Lage, die jährlichen Absolventen dieser Studiengänge aufzunehmen. Für die meisten anderen Disziplinen besteht hier ein mehr oder weniger krasses Mißverhältnis.

Überraschend – und entschieden zu kritisieren – ist die Tatsache, daß die für die Zukunft des Standorts Deutschland so wichtige Branche Hochschule/Forschung ihr Angebot um 14% deutlich verringert hat. Der öffentliche Dienst insgesamt hat sein Angebot für Fach- und Führungskräfte um 20% gegenüber dem 1. Halbjahr 1996 verringert und bietet damit nur noch soviele Stellen an, wie die DV Beratungs- und Softwarebranche allein.

 

Zu qualitativ ähnlichen Ergebnissen kommt auch die Computer-Zeitung vom 10.07.97, die sich auf eine Analyse vom 17.06.97 bezieht, die der gemessen an den Studentenzahlen größte deutsche Informatikfachbereich an der Universität Dortmund über seine Absolventen angestellt hat. Danach haben die Absolventen momentan wie zu den Hochzeiten in den 80er Jahren eine fast beliebige Anzahl von Stellenangeboten, unter denen sie auswählen können, wird der Dekanatsassistent der Dortmunder Informatik Hans Decker zitiert. Schon die IT-Unternehmen im Dortmunder Raum, oftmals von ehemaligen Absolventen des Fachbereichs Informatik der Universität Dortmund gegründet, können neue Projekte zum Teil nicht durchführen, weil das Fachpersonal nicht zur Verfügung steht.

Auch überregional besteht erheblicher Bedarf: So will die SAP AG in diesem Jahr weltweit 3.000 neue Kräfte einstellen, davon 800 in Deutschland, berichtet die Computer Zeitung.

In den USA, wo sich die Wirtschaft in einer späteren Phase eines Konjunkturzyklus befindet und im Gegensatz zur deutschen bereits seit längerem in nahezu allen Bereichen floriert, können zur Zeit 190.000 Stellen in großen und mittleren IT-Unternehmen nicht besetzt werden, da der Nachwuchs fehlt, so eine Untersuchung der Information Technology Association of America (ITAA) vom Mai 97.

 

Insgesamt scheint damit ein Studium der Informatik besonders in Kombination mit dem Nebenfach Betriebswirtschaftslehre den größten Erfolg auf dem Arbeitsmarkt zu versprechen, und das nahezu ununterbrochen seit Aufnahme des Studiengangs in Deutschland vor fast 30 Jahren. Auch die bisher noch wenigen Absolventen des Instituts für Informatik der Universität Potsdam bestätigen diesen Eindruck: Alle haben ohne Probleme einen Arbeitsplatz bekommen; einige Mitarbeiter des Instituts werden gar mit Gehältern beworben, die einen C4-Professor neidisch machen können.

 

Quellen

"Mangel an Informatikern wird zum Wachstumshemmnis", Computer Zeitung vom 10.7.97

• "Lichtblicke für Fach- und Führungskräfte vorerst nur in Westdeutschland", Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 2.8.97

• "Boomender Informatik-Arbeitsmarkt", Pressenotiz des Fachbereichs Informatik der Universität Dortmund vom 17.6.97, http://zuse.informatik.uni-dortmund.de/Dekanat/Presse.html

 

Andreas Schwill, Institut für Informatik, Universität Potsdam, 06.08.1997

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